Auch beim Newcomer Innovationspreis Altenpflege 2016 schnitt der Studiengang Produktdesign äußerst erfolgreich ab: Leander Thiel wurde mit dem ersten Preis ausgezeichnet, Teresa Meinen kann sich über den 2. Preis freuen – beide wurden erst letzte Woche beim iF Universal Design Award in München ebenfalls ausgezeichnet. Insgesamt wurden neun Einreichungen aus dem Inclusive Design Projekt für den ›Newcomer‹ auf der ›Altenpflege‹ nominiert. Ein schöner Erfolg für die Projektgruppe und auch die betreuenden Dozenten Sabine Adamy, Patrick Frey und Gunnar Spellmeyer.
Leander Thiels Aufstehhilfe ist ein Stuhlentwurf, der durch seine Dimensionierung und die markante Kufenausprägung das Setzen und Aufstehen für ältere Menschen erleichtert.
Stühle sind in ihren Maßen fast immer auf eine junge und körperlich gesunde Zielgruppe ausgerichtet. Ältere Generationen werden bei den Entwurfsprozessen der großen Möbelhersteller nur am Rande bedacht und das obwohl die Bevölkerung zunehmend älter wird. Dieser Stuhl wurde dafür konzipiert, um gerade das im Alter beschwerliche Aufstehen zu erleichtern. Die Sitzfläche ist leicht erhöht und ermöglicht gemeinsam mit dem Winkel in der Kunststoff-Schiene ein erleichtertes Aufstehen. Beim Kippen nach vorne verlagert sich der Körper in eine andere Position, wobei sich der Winkel im Kniegelenk vergrößert. Durch diese Verlagerung muss in der Beinmuskulatur weniger Kraft aufgebracht werden, um den Körper in eine aufrechte Position zu bringen. Unterstützt werden die Beine dabei von den Armen welche die Kraft auf die Armlehnen übertragen. Diese leiten die Kraft weiter bis zu den Schienen und sorgen so für einen stabileren Stand in der gekippten Position. Mit dieser einfachen Veränderung in der Stuhlkonstruktion wird ein sicheres und autarkes Aufstehen ermöglicht.
Leander Thiel wurde 1991 in Eckstever bei Bremen geboren und machte sein Abitur 2011 in der Kreisstadt Verden. Seit 2012 wohnt er in Hannover und studiert dort Produktdesign an der Hochschule.
Die Jury begründete ihre Wahl wie folgt: »Der 1. Platz des Newcomer Innovationspreis Altenpflege 2016 steht für eine gelungene Synthese von Funktionalität und Gestaltungshöhe einer Aufstehhilfe. Leander Thiels ›Easy Stand Up‹ integriert einfaches Aufstehen und Setzen ohne stigmatisierendem Duktus und in zeitgenössischem Gewand. Nicht nur die Kufe mit Neigungsfunktion, auch die gesamte altersgerechte Dimensionierung mit höherer Sitzfläche, besser dimensionierter Sitzschale und ohne Durchzug im Rückenbereich ist bei gelungen: ohne, dass das Möbel in Dimension und Ausdruck als Mutant im Wohnbereich auftritt.«
Leander Thiel freut sich über den 1. Platz: »Der Entwurf bearbeitet ein kleines aber weit verbreitetes Problem des Alltags. Ich freue mich daher sehr, dass dem Thema durch diesen Preis mehr Aufmerksamkeit geschenkt wird und es in Zukunft möglicherweise kein Problem mehr sein wird.«
Der zweite Preis in dem Wettbewerb, der vom iF Universal Design organisiert wurde, ging an Teresa Meinen, die mit ihrem ›Nachbarjung‹ eine interessante Transporthilfe für Einkaufstaschen in Treppenhäusern erfand.
Das Problem, schwere Einkaufstaschen die Treppe hochtragen zu müssen, ist eine allseits bekannte Last im Alltag. Für die meisten Menschen ein überwindbares Problem. Jedoch nicht für Seniorinnen und Senioren, die in ihrer Eigenständigkeit eingeschränkt werden, wenn mal kein Nachbar zur Hilfe eilen kann.
›Nachbarsjung‹ ist ab jetzt jederzeit zur Stelle. Mit Hilfe des Nachbarsjung, ein auf dem Treppengeländer gleitender Griff, werden schwere Einkaufstaschen mühelos das Treppengeländer hochgeschoben. Der Griff verfügt über eine Haken, an dem Einkäufe transportiert werden können. Durch eine einfache Kippfunktion ist die Bedienung intuitiv handhabbar. Der Nachbarsjung nimmt einen großen Teil des Gewichtes der Einkaufstaschen auf, sodass man unbeschwert die Einkäufe die Treppe hochschieben kann.
Zusätzlich wird ein sicherer Halt am Treppengeländer gewährleistet und eine Verschnaufpause ist jederzeit durch einfaches nach hinten Kippen des Griffes möglich. Der Nachbarsjung verweilt dann in seiner Position, bis der Nutzer den Griff wieder nach vorne kippt. Nachbarsjung bewegt sich von selbst wieder an den Anfang des Geländers zurück und steht für die nächsten Benutzer bereit.
Teresa Meinen (24, in Hannover geboren): »Vielleicht klopft jetzt ja der ein oder andere Interessent an und hilft mir, aus der Idee ein Produkt werden zu lassen. Möglicherweise ja schon auf der Prototypenparty hier – oder eine der großen Wohnungsbaugesellschaften fühlt sich hier aufgerufen ihren Bewohnern noch mehr Service anzubieten.«
Die Jury schrieb zu dem Entwurf: »Die Tasche ist schwer, die Treppe steil und kein Helfer in Sicht? Für diese Situation hat Teresa Meinen eine Lösung gefunden. Die Treppengeländer-Tragehilfe „Nachbarsjung“ unterstützt alt und jung dabei, Schweres sicher nach oben zu befördern. Die Tasche wird in den Nachbarsjung eingehakt und Schritt für Schritt nach oben geschoben. Bei Pausen wird die Last fixiert. Bereits der erste Prototyp bestätigt die Funktionsfähigkeit. Ein lebensnahes Designkonzept für generationengerechte Treppenanlagen.«